Die deutsche Energiewirtschaft steht vor einem gigantischen Investitionsbedarf: Bis 2030 sind 721 Milliarden Euro nötig, bis 2035 kommen weitere 493 Milliarden Euro hinzu. Das geht aus einer Analyse des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervor, die gemeinsam mit der Beratungsfirma EY erstellt wurde. Die Zahlen zeigen: Die Energiewende ist nicht nur eine technische, sondern vor allem eine finanzielle Mammutaufgabe.
Milliarden für Netze, Speicher und grüne Energie
Der größte Teil der Investitionen soll in erneuerbare Stromerzeugung fließen – insgesamt 350 Milliarden Euro. Weitere 140 Milliarden sind für den Ausbau von Strom- und Gastransportnetzen vorgesehen, ebenso viel für Verteilnetze. Auch die Fernwärme braucht mit 32 Milliarden Euro massive Investitionen. Zusätzlich werden 15 Milliarden für das geplante Wasserstoff-Kernnetz, 17 Milliarden für Speicherlösungen und 23 Milliarden für die Erzeugung von grünem Gas veranschlagt.
Diese Zahlen verdeutlichen, wie tiefgreifend der Umbau des deutschen Energiesystems ist. Es geht nicht nur darum, fossile Energien durch erneuerbare zu ersetzen, sondern auch um eine grundlegende Transformation der gesamten Infrastruktur – von den Stromtrassen bis zu den Speicherkapazitäten.
Energiewende als Wirtschaftsmotor?
Trotz der enormen Kosten sieht der BDEW die Energiewende als Chance für Deutschland. Die Investitionen könnten die Wirtschaft ankurbeln und neue Jobs schaffen. Allein der Bau neuer Anlagen könnte eine jährliche Bruttowertschöpfung von 52 Milliarden Euro bringen. Doch das Potenzial wird bisher nicht ausgeschöpft: 2023 lag die tatsächlich ausgelöste Wertschöpfung nur bei 28 Milliarden Euro – also bei 54 Prozent des möglichen Volumens.
Dennoch sei der Umbau essenziell, um die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Vor allem nach den wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise sei die Energiewende ein wichtiger Hebel, um das Wachstum wieder anzukurbeln, betont der BDEW.
Wer trägt die Milliardenlast?
Die große Frage bleibt: Woher soll das Geld kommen? Ein Großteil der Investitionen muss aus privaten Mitteln und Unternehmenskapital fließen. Doch die Wirtschaft braucht dafür verlässliche Rahmenbedingungen – und die fehlen derzeit oft. Unsichere Förderprogramme, wechselnde politische Vorgaben und hohe Energiepreise könnten Investoren abschrecken.
Auch für Verbraucher könnte die Energiewende teuer werden. Höhere Netzentgelte, steigende Strompreise und neue Abgaben stehen im Raum. Die Bundesregierung muss jetzt klare Signale setzen, um Vertrauen in den Markt zu schaffen und die Finanzierungsfragen zu klären.
Energiewende: Chance oder Milliardenfalle?
Deutschland steht an einem entscheidenden Punkt. Die Energiewende könnte zur Erfolgsgeschichte werden, die das Land nicht nur klimaneutral macht, sondern auch wirtschaftlich nach vorne bringt. Doch ohne eine solide Finanzierung droht sie zur Milliardenfalle zu werden.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Deutschland diesen Kraftakt stemmen kann – oder ob die ambitionierten Pläne an den finanziellen Realitäten scheitern. Eines ist sicher: Ein Zurück gibt es nicht mehr!