Der Green Deal war das Prestigeprojekt von Ursula von der Leyen in ihrer vergangenen Legislaturperiode. Die Strategie sollte Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen und gleichzeitig nachhaltiges Wirtschaftswachstum fördern. Seit der Vorstellung 2019 wurden zahlreiche Richtlinien und Verordnungen beschlossen, doch nun plant ausgerechnet von der Leyen, Teile der eigenen Klimapolitik wieder zu lockern.
Mit dem sogenannten Omnibus-Gesetzesentwurf will die EU-Kommission die Wirtschaft entlasten. Geplant ist eine Reduzierung der Berichtspflichten um 25 Prozent für alle Unternehmen und um 35 Prozent für kleine und mittelständische Betriebe. Zudem sollen Firmen mehr Zeit für die Umsetzung der Vorschriften erhalten.
Kritik am Green Deal: Zu viel Bürokratie und hohe Kosten
Die Kritik am Green Deal aus der Wirtschaft ist groß. EU-Kommissarin Maria Luís Albuquerque erklärte bei einer Pressekonferenz in Brüssel, dass die bestehenden Vorschriften als „zu ineffizient, zu teuer und unverhältnismäßig“ empfunden würden. Eine hohe bürokratische Belastung der Unternehmen sei eine ungeplante Konsequenz gewesen, die nun korrigiert werde – ohne jedoch die übergeordneten Ziele des Green Deals zu gefährden.
Vor allem kleine Betriebe klagen über den Verwaltungsaufwand. Sie hätten weder die Kapazitäten, um umfangreiche Nachhaltigkeitsdaten zu erheben, noch könnten sie Lieferketten in allen Details kontrollieren. So sei es für einen Bäckerbetrieb nahezu unmöglich, sicherzustellen, dass entlang der gesamten Mehl-Lieferkette keine Menschenrechtsverstöße geschehen.
Ein weiteres Problem sei die Vielzahl unterschiedlicher Regelungen mit teils überlappenden Berichtspflichten. Unternehmen und Wirtschaftsverbände fordern daher eine Vereinfachung der Vorschriften, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren.
Wirtschaft nicht einhellig gegen den Green Deal
Allerdings gibt es auch Unternehmen, die sich für einzelne Regulierungen aus dem Green Deal aussprechen. So haben sich Konzerne wie Nestlé, Vattenfall und IKEA sowie der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) für nachhaltige Vorschriften positioniert.
Während einige Wirtschaftsakteure den Abbau der Bürokratie begrüßen, warnen andere davor, dass zu viele Lockerungen den ursprünglichen Sinn und Zweck des Green Deals gefährden könnten. Kritiker befürchten, dass die EU ihre Vorreiterrolle im Klimaschutz aufgibt, wenn Nachhaltigkeitsziele der Wettbewerbsfähigkeit geopfert werden.
Balance zwischen Klimaschutz und Wirtschaftsförderung
Die EU-Kommission steht vor einer schwierigen Gratwanderung: Einerseits sollen Unternehmen entlastet werden, andererseits dürfen die Klimaziele nicht verwässert werden. Ob der Bürokratieabbau tatsächlich die Wettbewerbsfähigkeit stärkt, ohne den Klimaschutz auszubremsen, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.