Fachkräftemangel bremst die Energiewende – Engpässe in Schlüsselbranchen

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In Deutschland hat sich die allgemeine Fachkräftelücke im vergangenen Jahr zwar etwas verringert. Doch in Berufen, die für den Ausbau der erneuerbaren Energien und den technischen Fortschritt in der Energiewende unverzichtbar sind, spitzt sich das Problem zu. Eine Untersuchung des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des IW zeigt: In einigen Bereichen fehlt es zunehmend an qualifiziertem Personal – ein Umstand, der Projekte und Innovationen gefährden kann.

Engpässe in der Bauelektrik und Betriebstechnik

Besonders dramatisch gestaltet sich die Situation in der Bauelektrik. Mehr als 18.300 offene Stellen blieben 2024 unbesetzt – ein Anstieg von 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Fachkräfte sind jedoch essenziell für die Installation von Solaranlagen und Windkraftanlagen. Auch in der elektrischen Betriebstechnik, wo durchschnittlich 14.200 qualifizierte Arbeitskräfte fehlen – ein Plus von 10 Prozent im Vergleich zu 2023 –, zeigen sich deutliche Engpässe. Diese Bereiche sind für den Aufbau und die Wartung der Ladeinfrastruktur für E-Autos sowie den Ausbau anderer netzrelevanter Anlagen von zentraler Bedeutung.

Wachsende Herausforderungen für Ingenieure und Techniker

Neben den handwerklichen Fachkräften bleiben auch Ingenieure nicht verschont. Mehr als 8.500 offene Stellen für Elektrotechnik-Ingenieure deuten darauf hin, dass die Planung und Integration erneuerbarer Energien in das bestehende Stromnetz weiterhin unterbesetzt ist. Im Bereich Schweiß- und Verbindungstechnik, der vor allem beim Ausbau von Windkraftanlagen gefragt ist, stieg die Lücke sogar um 20 Prozent auf 4.370 unbesetzte Stellen.

Unternehmensstrategien: Eon und RWE im Vergleich

Der Energieriese Eon reagiert auf den Fachkräftemangel, indem er verstärkt auf interne Ausbildung und Qualifizierung setzt. Um sein Netzgeschäft auszubauen, hat das Unternehmen im letzten Geschäftsjahr rund 4.000 neue Mitarbeiter eingestellt – über die Hälfte davon in Deutschland. Neben attraktiven Arbeitszeitmodellen und Zusatzleistungen legt Eon besonderen Wert auf gezielte Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, um den Anforderungen des technologischen Wandels gerecht zu werden.

Im Gegensatz dazu wirkt RWE weniger stark vom Fachkräftemangel betroffen. Das Unternehmen betont seine vielfältigen und spannenden Karrieremöglichkeiten und konnte im Rahmen seines internationalen Wachstums bereits über 2.000 neue Mitarbeitende gewinnen. RWE ist zuversichtlich, auch im kommenden Jahr viele offene Stellen besetzen zu können.

Weitreichende Auswirkungen und Lösungsansätze

Der Fachkräftemangel betrifft nicht nur die Energiewirtschaft. Auch Branchen wie Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege sowie die Kinderbetreuung und -erziehung leiden unter einem Mangel an qualifiziertem Personal. Insgesamt konnten im Jahr 2024 bundesweit etwa 487.029 Stellen nicht besetzt werden – wenn auch 14,6 Prozent weniger als im Vorjahr.

Experte Jurek Tiedemann sieht zwei wesentliche Lösungsansätze: Zum einen sollten mehr internationale Fachkräfte angeworben werden, zum anderen ist es wichtig, an- und ungelernte Menschen durch gezielte Qualifizierungsmaßnahmen für diese Berufe zu gewinnen. Nur so kann langfristig sichergestellt werden, dass die notwendigen Fachkräfte vorhanden sind, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben.

Angesichts des demografischen Wandels und der steigenden technischen Anforderungen stehen Unternehmen und Politik gleichermaßen vor der Aufgabe, nachhaltige Strategien zur Fachkräftegewinnung und -entwicklung zu implementieren – eine Voraussetzung, um den notwendigen Transformationsprozess in der Energiewirtschaft nicht zu gefährden.

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