Energiewende: Mehrheit setzt auf grünen Umbau – Doch wachsende Risiken sorgen für Unruhe

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Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, zeigt ein ambivalentes Bild der deutschen Bevölkerung zur Energiewende. Während 60 % der Befragten den klimafreundlichen Umbau des Energiesystems als notwendig erachten, wächst zugleich die Sorge vor den Risiken, die mit diesem tiefgreifenden Wandel einhergehen.

Im Fokus der Umfrage steht neben der grundsätzlichen Zustimmung zur Energiewende auch die abnehmende Besorgnis um den Klimawandel. Noch im Jahr 2019, als die Klimabewegung „Fridays for Future“ in großer Zahl Demonstrationen organisierte, gaben 51 % der Deutschen an, sich große Sorgen um die Erderwärmung zu machen. Heute sind es lediglich 36 % – ein deutlicher Rückgang, der laut Meinungsforschern vor allem auf die veränderte politische Agenda zurückzuführen ist. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine rückten Themen wie äußere und innere Sicherheit, wirtschaftliche Entwicklung, Energieversorgung und Migration in den Vordergrund, wodurch das Thema Klimaschutz etwas in den Hintergrund trat.

Trotz der positiven Grundhaltung zur Energiewende sieht ein erheblicher Teil der Bevölkerung Gefahren im Umbauprozess. Rund 35 % der Befragten schätzen die Risiken, die mit der Transformation des Energiesystems einhergehen, höher ein als die Chancen. Die Sorge um die Energieversorgung spielt dabei eine zentrale Rolle – insbesondere seit Beginn des Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 hat sich die Zahl jener, die vorwiegend Risiken sehen, deutlich verdoppelt. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Öffentlichkeit zunehmend skeptisch ist, ob die Energiewende nicht zu Versorgungsengpässen und wirtschaftlichen Problemen führen könnte.

Auch das Vertrauen in die Innovationskraft deutscher Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien hat in den letzten Jahren gelitten. Während im Jahr 2016 noch 47 % der Befragten daran glaubten, dass deutsche Firmen eine führende Rolle im globalen Wettbewerb einnehmen würden, liegt dieser Wert heute nur noch bei 22 %. Gleichzeitig stieg die Sorge, dass die Umstellung auf erneuerbare Energien die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands schwächen könnte – von 17 % im Jahr 2014 auf mittlerweile 36 % der Befragten. Ein Drittel der Menschen erwartet sogar Arbeitsplatzverluste infolge der Umstrukturierungen.

Die wirtschaftlichen und sozialen Belastungen, die mit der Energiewende einhergehen könnten, werden von einer Mehrheit als hoch eingeschätzt. So gehen 77 % der Befragten davon aus, dass die Bevölkerung erhebliche Mehrkosten zu tragen haben wird, während 79 % befürchten, dass auch die Wirtschaft stark belastet wird. Dabei wird nicht nur der finanzielle Aspekt kritisch gesehen, sondern auch die Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Zwei Drittel der Deutschen erwarten, dass der Ausbau von Windkraftanlagen und neuen Stromleitungen das Landschaftsbild erheblich verändern wird. Interessanterweise stört sich jedoch nur etwa ein Drittel der Betroffenen an diesen Veränderungen, während knapp die Hälfte relativ unbeeindruckt bleibt.

Ein weiterer überraschender Befund der Umfrage betrifft die Kernenergie. Trotz der umfassenden Debatte um den Umbau des Energiesystems befürworten 43 % der Befragten einen Wiedereinstieg in die Kernkraft. Diese Haltung zeigt, dass in Zeiten der globalen Energieunsicherheit und wirtschaftlicher Herausforderungen auch alternative Energiequellen wieder vermehrt in den Blick geraten.

Die Ergebnisse der Umfrage zeichnen ein vielschichtiges Bild: Obwohl die Mehrheit der Deutschen den Umbau des Energiesystems grundsätzlich unterstützt, wächst gleichzeitig die Sorge vor den Risiken und Belastungen, die dieser Wandel mit sich bringt. Es bleibt abzuwarten, wie Politik und Wirtschaft auf diese ambivalenten Signale reagieren und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Energiewende sozialverträglich und wirtschaftlich tragbar zu gestalten.

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