Solarstrom auf Rekordniveau – doch droht eine neue Abhängigkeit?

Istock.com/Artur Nichiporenko

Der Anteil erneuerbarer Energien an der deutschen Stromerzeugung wächst weiter rasant. Laut Statistischem Bundesamt stammten im ersten Halbjahr 2024 bereits 47 Prozent des erzeugten Stroms aus Wind- und Sonnenenergie. Besonders die Photovoltaik boomt: Mit 4,75 Millionen installierten Anlagen wurde das Regierungsziel für 2024 weit übertroffen.

Doch dieser Erfolg bringt neue Herausforderungen mit sich – für die Netzstabilität und für die Sicherheit der kritischen Infrastruktur.

Stromnetz unter Druck: Solarstrom muss gedrosselt werden

Ein Problem ist die schwankende Einspeisung von Solar- und Windstrom. Besonders an sonnigen Tagen mit geringer Stromnachfrage kann es zu Überschüssen kommen, die das Netz destabilisieren. Um das zu verhindern, wurde das Solarspitzengesetz verabschiedet. Es erlaubt Netzbetreibern, Solaranlagen mit einer Leistung von mehr als sieben Kilowattpeak (kWp) zu regulieren oder abzuschalten.

Die Steuerung erfolgt über sogenannte Wechselrichter, die den erzeugten Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln und ins Netz einspeisen. Doch genau hier entsteht eine neue Abhängigkeit – und ein potenzielles Risiko.

Chinesische Dominanz: Wer kontrolliert die Wechselrichter?

Über 80 Prozent der in Deutschland installierten Photovoltaikanlagen – einschließlich der Wechselrichter – stammen von chinesischen Herstellern wie Huawei, Deye, Sungrow oder Ginlong Solis. Diese Firmen bieten ihre Produkte bis zu 50 Prozent günstiger an als deutsche Hersteller – und dominieren inzwischen den Markt.

Das birgt Sicherheitsrisiken: Da Wechselrichter per Fernzugriff gesteuert und aktualisiert werden können, besteht die Möglichkeit, dass in einer politischen Krisensituation nicht die deutschen Netzbetreiber, sondern die chinesische Regierung über die Verfügbarkeit der Solarenergie entscheidet.

Experten warnen vor neuer Abhängigkeit

Stephan Liese vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) schlägt Alarm:

„Wir laufen gerade in eine genauso große, wenn nicht gar noch größere Abhängigkeit bei der Energieversorgung mit Erneuerbaren wie vor ein paar Jahren mit dem Erdgas.“

Fiele in einer Krise plötzlich ein erheblicher Teil der Solarstromkapazität aus, könnte dies das Stromnetz erheblich destabilisieren. Der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien ist also nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine geopolitische Frage.

Lösungen gesucht: Wie kann Deutschland unabhängiger werden?

Um das Risiko zu minimieren, fordern Experten eine stärkere Förderung europäischer und deutscher Hersteller sowie strengere Sicherheitsvorgaben für Wechselrichter. Zudem könnten dezentrale Speichersysteme, wie Batteriespeicher in Haushalten und Unternehmen, helfen, die Netzbelastung zu reduzieren und mehr Unabhängigkeit von externen Steuerungen zu ermöglichen.

Klar ist: Die Energiewende darf nicht zu einer neuen geopolitischen Abhängigkeit führen. Während der Solarboom ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität ist, braucht es strategische Lösungen, um langfristig energiepolitische Souveränität zu gewährleisten.

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